Hdt.1.30.1-1.32.1 Protokoll zum 20.08.23

Zeit: 10:00 12:05             -              Ort: online
anwesend: Caren, Holger, Ulf, Friedrich

Übersetzung:

[30.1]  αὐτῶν δὴ ὦν τούτων καὶ τῆς θεωρίης ἐκδημήσας ὁ Σόλων εἵνεκεν ἐς Αἴγυπτον ἀπίκετο παρὰ Ἄμασιν καὶ δὴ καὶ ἐς Σάρδις παρὰ Κροῖσον. ἀπικόμενος δὲ ἐξεινίζετο ἐν τοῖσι βασιληίοισι ὑπὸ τοῦ Κροίσου· μετὰ δὲ ἡμέρῃ τρίτῃ ἢ τετάρτῃ κελεύσαντος Κροίσου τὸν Σόλωνα θεράποντες περιῆγον κατὰ τοὺς θησαυρούς, καὶ ἐπεδείκνυσαν πάντα ἐόντα μεγάλα τε καὶ ὄλβια.

Deswegen nun und der Besichtigung wegen kam Solon auf seiner Reise nach Ägypten zu Amasis und so denn auch nach Sardis zu Kroisos. Nach seiner Ankunft wurde er von Koisos im Palast als Gast aufgenommen. Dann aber am dritten oder vierten Tag führten Diener auf Befehl des Kroisos Solon durch die Schatzhäuser und zeigten, dass alles groß und wertvoll war.

[2] θεησάμενον δέ μιν τὰ πάντα καὶ σκεψάμενον ὥς οἱ κατὰ καιρὸν ἦν, εἴρετο ὁ Κροῖσος τάδε. ‘ξεῖνε Ἀθηναῖε, παρ᾽ ἡμέας γὰρ περὶ σέο λόγος ἀπῖκται πολλὸς καὶ σοφίης εἵνεκεν τῆς σῆς καὶ πλάνης, ὡς φιλοσοφέων γῆν πολλὴν θεωρίης εἵνεκεν ἐπελήλυθας· νῦν ὦν ἐπειρέσθαι με ἵμερος ἐπῆλθέ σε εἴ τινα ἤδη πάντων εἶδες ὀλβιώτατον.’

Nachdem er das alles gesehen und betrachtet hatte, wie es ihm gerade angenehm war, fragte ihn Kroisos folgendes: „Gastfreund aus Athen, zu uns ist ja über dich viel Kunde gekommen wegen deiner Weisheit und der weiten Reise, dass du nämlich aus Wißbegier zu vielen Ländern, um sie zu besichtigen gekommen bist; nun also hat mich das Verlangen gepackt, dich zu fragen, ob du schon einen von allen als glücklichsten gesehn hast.“

[3] ὃ μὲν ἐλπίζων εἶναι ἀνθρώπων ὀλβιώτατος ταῦτα ἐπειρώτα· Σόλων δὲ οὐδὲν ὑποθωπεύσας ἀλλὰ τῷ ἐόντι χρησάμενος λέγει ‘ὦ βασιλεῦ, Τέλλον Ἀθηναῖον.’

In der Hoffnung, der Glücklichste der Menschen zu sein, fragte er das. Solon aber sagt, ohne zu schmeicheln und der Wahrheit gemäß: „O König, den Athener Tellos.“

[4] ἀποθωμάσας δὲ Κροῖσος τὸ λεχθὲν εἴρετο ἐπιστρεφέως· ‘κοίῃ δὴ κρίνεις Τέλλον εἶναι ὀλβιώτατον;’ ὁ δὲ εἶπε ‘Τέλλῳ τοῦτο μὲν τῆς πόλιος εὖ ἡκούσης παῖδες ἦσαν καλοί τε κἀγαθοί, καί σφι εἶδε ἅπασι τέκνα ἐκγενόμενα καὶ πάντα παραμείναντα· τοῦτο δὲ τοῦ βίου εὖ ἥκοντι, ὡς τὰ παρ᾽ ἡμῖν, τελευτὴ τοῦ βίου λαμπροτάτη ἐπεγένετο·

Verwundert über das Gesagte fragte Kroisos hastig: „Wie kommst du zu dem Urteil, Tellos sei der Glücklichste?“ Der aber sagte: „Zum einen hatte Tellos, als es der Stadt gut ging, ehrenwerte Kinder und er sah, dass ihnen allen Kinder geboren wurden und alle am Leben blieben; zum anderen wurde ihm, dem es im Leben für unsere Verhältnisse gut gegangen war, ein überaus glanzvolles Lebensende zuteil.

[5] γενομένης γὰρ Ἀθηναίοισι μάχης πρὸς τοὺς ἀστυγείτονας ἐν Ἐλευσῖνι, βοηθήσας καὶ τροπὴν ποιήσας τῶν πολεμίων ἀπέθανε κάλλιστα, καί μιν Ἀθηναῖοι δημοσίῃ τε ἔθαψαν αὐτοῦ τῇ περ ἔπεσε καὶ ἐτίμησαν μεγάλως.’

Denn als die Athener gegen die Nachbarn in Eleusis kämpften, war er dabei und schlug die Feinde in die Flucht und starb auf schönste Weise, und die Athener gaben ihm öffentlich eine Bestattung ebendort, wo er fiel, und ehrten ihn großartig.“

[31.1]  ὣς δὲ τὰ κατὰ τὸν Τέλλον προετρέψατο ὁ Σόλων τὸν Κροῖσον εἴπας πολλά τε καὶ ὄλβια, ἐπειρώτα τίνα δεύτερον μετ᾽ ἐκεῖνον ἴδοι, δοκέων πάγχυ δευτερεῖα γῶν οἴσεσθαι. ὃ δ᾽ εἶπε ‘Κλέοβίν τε καὶ Βίτωνα.

Da Solon Kroisos mit der Bezeichnung (der Verhältnisse) des Schicksals von Tellos als sehr glücklich gereizt hatte, fragte er, wen er als zweiten nach jenem kenne, in der Meinung, er werde nun sicher den zweiten Rang erhalten. Der aber sagte: „Kleobis und Biton.

[2] τούτοισι γὰρ ἐοῦσι γένος Ἀργείοισι βίος τε ἀρκέων ὑπῆν, καὶ πρὸς τούτῳ ῥώμη σώματος τοιήδε· ἀεθλοφόροι τε ἀμφότεροι ὁμοίως ἦσαν, καὶ δὴ καὶ λέγεται ὅδε ὁ λόγος. ἐούσης ὁρτῆς τῇ Ἥρῃ τοῖσι Ἀργείοισι ἔδεε πάντως τὴν μητέρα αὐτῶν ζεύγεϊ κομισθῆναι ἐς τὸ ἱρόν, οἱ δέ σφι βόες ἐκ τοῦ ἀγροῦ οὐ παρεγίνοντο ἐν ὥρῃ· ἐκκληιόμενοι δὲ τῇ ὥρῃ οἱ νεηνίαι ὑποδύντες αὐτοὶ ὑπὸ τὴν ζεύγλην εἷλκον τὴν ἅμαξαν, ἐπὶ τῆς ἁμάξης δέ σφι ὠχέετο ἡ μήτηρ· σταδίους δὲ πέντε καὶ τεσσεράκοντα διακομίσαντες ἀπίκοντο ἐς τὸ ἱρόν.

Diese nämlich, Argiver von Herkunft, hatten ein auskömmliches Leben und dazu solche Körperkraft: Sieger im Wettkampf waren beide gleichermaßen, und so wird denn auch diese Geschichte erzählt. Als das Fest für Hera gefeiert wurde, mussten jedenfalls die Argiver ihre Mutter auf einem Wagen ins Heiligtum bringen, aber für sie kamen die Rinder nicht rechtzeitig vom Acker. und in Zeitnot spannten sich die jungen Männer selbst unters Joch und zogen den Wagen, auf dem Wagen aber wurde von ihnen die Mutter gefahren. Sie schleppten 45 Stadien und kamen ins Heiligtum.

[3] ταῦτα δέ σφι ποιήσασι καὶ ὀφθεῖσι ὑπὸ τῆς πανηγύριος τελευτὴ τοῦ βίου ἀρίστη ἐπεγένετο, διέδεξέ τε ἐν τούτοισι ὁ θεὸς ὡς ἄμεινον εἴη ἀνθρώπῳ τεθνάναι μᾶλλον ἢ ζώειν. Ἀργεῖοι μὲν γὰρ περιστάντες ἐμακάριζον τῶν νεηνιέων τὴν ῥώμην, αἱ δὲ Ἀργεῖαι τὴν μητέρα αὐτῶν, οἵων τέκνων ἐκύρησε·

Nach dieser Tat unter den Augen der Festversammlung wurde ihnen das beste Lebensende zuteil, und die Gottheit zeigte an ihnen, dass es für den Menschen besser sei zu sterben [mehr] als zu leben. Denn die dabeistehenden Argiver priesen die Stärke der jungen Männer, die Argiverinnen aber ihre Mutter, welcherart Kinder sie bekommen hatte.

[4] ἡ δὲ μήτηρ περιχαρής ἐοῦσα τῷ τε ἔργῳ καὶ τῇ φήμῃ, στᾶσα ἀντίον τοῦ ἀγάλματος εὔχετο Κλεόβι τε καὶ Βίτωνι τοῖσι ἑωυτῆς τέκνοισι, οἵ μιν ἐτίμησαν μεγάλως, τὴν θεὸν δοῦναι τὸ ἀνθρώπῳ τυχεῖν ἄριστον ἐστί.

Die Mutter aber war hocherfreut über die Tat und den Ruhm und dem Götterbild gegenüberstehend betete sie, dass die Göttin Kleobis und Biton, ihren Kindern, die sie gewaltig geehrt hatten, gebe, was dem Menschen zu erlangen am besten ist.

[5] μετὰ ταύτην δὲ τὴν εὐχὴν ὡς ἔθυσάν τε καὶ εὐωχήθησαν, κατακοιμηθέντες ἐν αὐτῷ τῷ ἱρῷ οἱ νεηνίαι οὐκέτι ἀνέστησαν ἀλλ᾽ ἐν τέλεϊ τούτῳ ἔσχοντο. Ἀργεῖοι δὲ σφέων εἰκόνας ποιησάμενοι ἀνέθεσαν ἐς Δελφοὺς ὡς ἀριστῶν γενομένων.’

Als sie aber nach diesem Gebet geopfert und gespeist hatten, legten sich die Jünglige unmittelbar im Heiligtum schlafen und standen nicht wieder auf, sondern blieben in diesem Ende. Die Argiver aber machten Bilder von ihnen und stellten sie in Delphi auf, weil sie vortrefflich waren.

[32.1] Σόλων μὲν δὴ εὐδαιμονίης δευτερεῖα ἔνεμε τούτοισι, Κροῖσος δὲ σπερχθεὶς εἶπε ‘ὦ ξεῖνε Ἀθηναῖε, ἡ δ᾽ ἡμετέρη εὐδαιμονίη οὕτω τοι ἀπέρριπται ἐς τὸ μηδὲν ὥστε οὐδὲ ἰδιωτέων ἀνδρῶν ἀξίους ἡμέας ἐποίησας;’ ὁ δὲ εἶπε ‘ὦ Κροῖσε, ἐπιστάμενόν με τὸ θεῖον πᾶν ἐὸν φθονερόν τε καὶ ταραχῶδες ἐπειρωτᾷς ἀνθρωπηίων πρηγμάτων πέρι.

Solon erteilte diesen also den zweiten Rang, Kroisos aber sagte ergrimmt: „O Gastfreund aus Athen, unser Glück ist von dir so ins Nichts geworfen worden, dass du uns nicht einmal (privater Männer würdig) Privatleuten ebenbürtig erachtest.“ Der aber sagte: „O Kroisos, du befragst mich, der ich weiß, dass alles Göttliche neidisch und unberechenbar ist, über das menschliche Schicksal.

 

Was wir besprochen haben:

Das Adjektiv ὄλβιος ist abgeleitet von ὁ ὄλβος, nach Gemoll: „Glück, Heil, Segen; Wohlstand, Reichtum“. Ich habe nun noch einmal nachgeschlagen und gefunden, dass es mit unserer traditionell-frommen Konnotation von „Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen“ kaum etwas zu tun hat; denn wir denken bei „Segen“ gern an die schützende Hand Gottes; hier aber werden weltliche Güter darunter verstanden. Und auch das gut bürgerlich-bescheidene seelische, das innere Glück (Hab Sonne im Herzen/ Geld macht nicht glücklich!) ist denkbar weit von ὄλβος entfernt.
Bei Epikur gab es dafür μακαριότης und εὐδαιμονία, die in nachklassisch-bürgerlich-individualistischer Zeit beide den seelischen Glückszustand im Sinne der ἀταραξία bezeichnen.
Liddell &Scott (Internetausgabe) zu ὄλβιος
I. of persons, happy, blest, in Hom., always in reference to worldly goods, wealth, like Lat. beatus, Hom., etc.
II. of things, in neut. pl., θεοὶδέτοιὄλβιαδοῖεν may they give thee rich gifts, Od.; neut. pl. as adv., ὄλβιαζωέμεναι to live happily, id=Od.:—adv. -ίως, Soph.; Sup. ὀλβιώτατοςHdt.; in later Poets, ὄλβιστος.

In meiner Printausgabe gibt es u.a. den Zusatz: rare in Att. Prose. Unsere beiden Hdt.-Stellen in [31.1] und [32.1] werden ausdrücklich für die Übersetzung „rich, prosperous“ genannt. Doch der eigentliche Clou ist bei genauerer Betrachtung die Verschiebung von Kroisos‘ Glücksbegriffs als „Reichtum in der Schatzkammer“ zu Reichtum an Ehre und Ansehen und übrigens auch an wohlgeratener Nachkommenschaft (beides in Solons beiden Beispielgeschichten). Und unmittelbar nach Solons Besuch erfährt Kroisos die Nemesis, dass sein wohlgeratener Sohn zu Tode kommt. Wir sehen auch hier, wie dicht Hdt. seine Erzählung komponiert.

Nächster Termin: So, 27.08.10:00 Uhr

Vorbereitung dazu:
Bis [34.1] sind Text und Vokabeln hochgeladen (wenn weniger angezeigt wird, bitte „Aktualisieren“ anklicken).
Ich werde in den nächsten Tagen Text und Vokabeln dazu noch erweitern.
Auf den Plutarchtext in den Zusatztexten gehen wir vielleicht in 14 Tagen etwas genauer ein.