pDem9.2-6_Protokoll 04.09.2022

Zeit: 10:00-12:00 Uhr                    -              Ort: online
anwesend: Holger, Friedrich, leider nur zuhörend, wenn überhaupt: Caren

Die Technik hat uns diesmal sehr behindert: Was ich in die „geteilten Notizen“  eingab, erschien weder bei Holger noch auf meinem zweiten Bildschirm. Caren konnte zusehen und zuhören; aber bis zum Schluss klappte die Tonübertragung klappte. Wir verbrachten eine halbe Stunde mit dem Herumdoktern. Sehr unbefriedigend. An die mikro-lineare Methode war also gar nicht zu denken. Wir mussten uns mit der „Präsentation“ begnügen. 

Dennoch haben wir, genauer: hat Holger schon mehr übersetzt als beim letzten Treffen.
Ich gebe es im Folgenden mikro-linear wieder, und man sieht dass fast alle Veränderungen in der Reihenfolge der Wörter nur wegen der deutschen Regeln zur Satzstellung nötig sind.

 

 

 

 

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[2] πολλὰ μὲν οὖν ἴσως ἐστὶν

αἴτια τούτων,

καὶ οὐ παρ᾽ ἓν[1] οὐδὲ δύ᾽
εἰς τοῦτο τὰ πράγματ᾽ ἀφῖκται,

μάλιστα δ᾽,
ἄνπερ ἐξετάζητ᾽ ὀρθῶς,
εὑρήσετε

διὰ[2] τοὺς
χαρίζεσθαι μᾶλλον
ἢ τὰ βέλτιστα λέγειν
προαιρουμένους,

ὧν τινες μέν,
ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι,
[3]ἐν οἷς

εὐδοκιμοῦσιν αὐτοὶ καὶ δύνανται,
ταῦτα φυλάττοντες
οὐδεμίαν περὶ τῶν μελλόντων πρόνοιαν ἔχουσιν,
[4][οὐκοῦν οὐδ᾽ ὑμᾶς οἴονται δεῖν ἔχειν[5],]

ἕτεροι δὲ τοὺς ἐπὶ τοῖς πράγμασιν ὄντας
αἰτιώμενοι καὶ διαβάλλοντες

οὐδὲν ἄλλο ποιοῦσιν
ἢ ὅπως ἡ μὲν πόλις αὐτὴ
παρ᾽ αὑτῆς δίκην λήψεται

καὶ περὶ τοῦτ᾽ ἔσται,
Φιλίππῳ δ᾽ ἐξέσται
καὶ λέγειν καὶ πράττειν
ὅ τι βούλεται.

Vieles ist nun vielleicht

schuld daran,
und nicht durch eine Sache oder zwei

ist die Situation dahin gekommen,
am ehesten aber,

wenn ihr nur genau prüft,

werdet ihr es herausfinden,
deretwegen, die
lieber zu gefallen
als das Beste zu sagen
vorziehen,
von denen einige zwar,
ihr Athener,
indem sie ^die Verhältnisse^, in denen

sie selbst Ansehen und Macht haben,

°° bewahren wollen (durativ),
keinerlei Voraussicht auf die Zukunft

haben,
[und auch meinen, dass ihr sie nicht haben müsst,]
andere aber diejenigen, die die Politik machen,

beschuldigen und verleumden
und so (Beiordnung) nichts anderes bewirken,

als dass die Stadt selbst

mit sich prozessieren wird
und damit beschäftigt sein wird,

es Philipp aber freisteht,

zu sagen und zu tun,

was er will.

 

 

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[3] αἱ δὲ τοιαῦται πολιτεῖαι

συνήθεις μέν εἰσιν ὑμῖν,

αἴτιαι δὲ τῶν κακῶν.

ἀξιῶ δ᾽,

ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι,
ἄν τι τῶν ἀληθῶν
μετὰ παρρησίας λέγω,

μηδεμίαν μοι διὰ τοῦτο
παρ᾽ ὑμῶν ὀργὴν γενέσθαι.
σκοπεῖτε γὰρ ὡδί.

ὑμεῖς τὴν παρρησίαν ἐπὶ μὲν τῶν ἄλλων
οὕτω κοινὴν οἴεσθε δεῖν εἶναι

πᾶσι τοῖς ἐν τῇ πόλει,
ὥστε καὶ τοῖς ξένοις καὶ τοῖς δούλοις
αὐτῆς μεταδεδώκατε,

καὶ πολλοὺς ἄν τις οἰκέτας

ἴδοι παρ᾽ ἡμῖν μετὰ πλείονος ἐξουσίας

ὅ τι βούλονται λέγοντας
ἢ πολίτας ἐν ἐνίαις τῶν ἄλλων πόλεων,

ἐκ δὲ τοῦ συμβουλεύειν
παντάπασιν ἐξεληλάκατε[6].

Aber solche politischen Methoden

sind bei uns üblich,

und schuld an den Übeln.

Ich aber fordere,

Athener,

<dass mir>, wenn ^ich^ etwas Wahres

im Rahmen der Redefreiheit sage,
mir deswegen keinerlei

Zorn bei euch entsteht.

Bedenkt nämlich folgendes.
Ihr ^meint^, dass die Redefreiheit bei anderen Themen so allgemein °° sein müsse
für alle in der Stadt,

dass ihr den Fremden und den Sklaven

an ihr Teilhabe gegeben habt,
und man könnte wohl viele Abhängige

bei euch mit größerer Freiheit °°,
was sie wollen, reden ^sehen^

als Vollbürger in einigen der anderen Städte,
aber aus der <politischen> Beratung

habt ihr sie (die Redefreiheit) völlig ausgetrieben.

 

 

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[4] εἶθ᾽[7] ὑμῖν συμβέβηκεν ἐκ τούτου
ἐν μὲν ταῖς ἐκκλησίαις
τρυφᾶν καὶ κολακεύεσθαι

πάντα πρὸς ἡδονὴν ἀκούουσιν,

ἐν δὲ τοῖς πράγμασι
καὶ τοῖς γιγνομένοις
περὶ τῶν ἐσχάτων ἤδη κινδυνεύειν.

εἰ μὲν οὖν καὶ νῦν οὕτω διάκεισθε,

οὐκ ἔχω τί λέγω·

εἰ δ᾽ ἃ συμφέρει
χωρὶς κολακείας ἐθελήσετ᾽ ἀκούειν,
ἕτοιμος λέγειν[8].

καὶ γὰρ εἰ πάνυ φαύλως τὰ πράγματ᾽

ἔχει
καὶ πολλὰ προεῖται,

ὅμως ἔστιν,
ἐὰν ὑμεῖς τὰ δέοντα ποιεῖν βούλησθε,

ἔτι πάντα ταῦτ᾽ ἐπανορθώσασθαι.

Und so ist es euch aus diesem Grunde geschehen,
dass ihr in den Versammlungen

euch großtut und schmeicheln lasst,
weil ihr alles zu eurem Vergügen anhört,

dass ihr aber in der Politik

und dem gegenwärtigen Geschehen

schon in den äußersten Dingen Gefahr lauft.

Wenn ihr nun auch jetzt so eingestellt seid,

weiß ich nicht, was ich sagen soll.

Wenn ^ihr^ aber, was nützt,

ohne Schmeichelei hören wollt,

bin ich bereit, es zu sagen.

Denn wenn auch die Lage sehr schlecht

ist

und vieles darnieder liegt,

ist es dennoch möglich,

wenn ihr das Notwendige tun wollt,

dies alles noch wieder in Ordnung zu bringen.

 

 

 

 

 

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[5] καὶ παράδοξον μὲν ἴσως ἐστὶν

ὃ μέλλω λέγειν,

ἀληθὲς δέ·

τὸ χείριστον ἐν τοῖς παρεληλυθόσι,

τοῦτο πρὸς τὰ μέλλοντα βέλτιστον ὑπάρχει.

τί οὖν ἐστι τοῦτο;

ὅτι[9] οὔτε μικρὸν οὔτε μέγ᾽

οὐδὲν τῶν δεόντων ποιούντων ὑμῶν

κακῶς τὰ πράγματ᾽ ἔχει,

ἐπεί τοι,

εἰ πάνθ᾽ ἃ προσῆκε πραττόντων[10]

οὕτως διέκειτο[11],

οὐδ᾽ ἂν ἐλπὶς ἦν

αὐτὰ γενέσθαι βελτίω.

νῦν δὲ τῆς ῥᾳθυμίας τῆς ὑμετέρας

καὶ τῆς ἀμελίας

κεκράτηκε Φίλιππος,

τῆς πόλεως δ᾽ οὐ κεκράτηκεν·

οὐδ᾽ ἥττησθ᾽ ὑμεῖς,

ἀλλ᾽ οὐδὲ κεκίνησθε.

Und vielleicht ist widersinnig,

was ich sagen will,

<es ist> aber wahr:

Das Schlechteste in der Vergangenheit,

das ^gestaltet sich^ für die Zukunft bestens.

Was ist das nun?

Weil ihr weder im Kleinen noch im Großen

etwas Notwendiges tut,

ist die Lage schlecht,

weil doch,

wenn alles, was nötig ist, obwohl ihr es tut,

sich so befände,

auch keine Hoffnung bestünde,

dass es besser würde.

Jetzt aber ^hat Philipp^ über euren Leichtsinn

und eure Sorglosigkeit

gesiegt,

über die Stadt aber hat er nicht gesiegt;

und ihr seid nicht unterlegen,

sondern ihr habt euch gar nicht bewegt.

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[12][6] [εἰ μὲν οὖν ἅπαντες ὡμολογοῦμεν

Φίλιππον τῇ πόλει πολεμεῖν
καὶ τὴν εἰρήνην παραβαίνειν,

οὐδὲν ἄλλ᾽ ἔδει τὸν παριόντα

λέγειν καὶ συμβουλεύειν

ἢ ὅπως ἀσφαλέστατα καὶ ῥᾷστ᾽
αὐτὸν ἀμυνούμεθα·

ἐπειδὴ δ᾽ οὕτως ἀτόπως ἔνιοι διάκεινται,
ὥστε πόλεις καταλαμβάνοντος ἐκείνου

καὶ πολλὰ τῶν ὑμετέρων ἔχοντος
καὶ πάντας ἀνθρώπους ἀδικοῦντος

ἀνέχεσθαί
τινων ἐν ταῖς ἐκκλησίαις λεγόντων πολλάκις

ὡς ἡμῶν τινές εἰσιν
οἱ ποιοῦντες τὸν πόλεμον,

ἀνάγκη φυλάττεσθαι
καὶ διορθοῦσθαι περὶ τούτου·

[Wenn wir nun alle darin übereinstimmen,

dass Philipp gegen die Stadt Krieg führt

und den Frieden bricht,

sollte der, der <hier> auftritt, nichts anderes

sagen und raten

als wie ^wir^ am sichersten und leichtesten

ihn abwehren <können>.

Da aber einige so unsinnig gestimmt sind,

dass sie, während jener Städte einnimmt

und vieles von unserem Besitz innehat

und allen Menschen Unrecht tut,

es aushalten,

wenn gewisse Leute in den Versammlungen oft sagen,

dass es bei uns einige gibt,

die den Krieg betreiben <wollen>,

ist es nötig, sich vorzusehen

und Richtigstellungen in dieser Sache vorzunehmen.

 

Nur zwei Hinweise (unsere Aufmerksamkeit war ja auf die Übertragungstechik abgelenkt):

  1. Zum Pronomen αὐτός, ή, όν
    1. im Nom., also prädikativ zum Subjekt bedeutet es „selbst, persönlich, unmittelbar“ wie in Z. 17, 27. Dasselbe gilt auch, wenn es in einem anderen Kasus prädikativ zu einem vorhandenen Nomen steht wie in [10] ἐπὶ τὴν Ἀττικὴν αὐτὴν „direkt nach Attika“.
    2. Wenn es in einem „schiefen“ Kasus (also nicht im Nom.) selbständig steht (also nicht prädikativ), vertritt es das Personalpronomen „er/sie/es = selbiger, selbige, selbiges“ der 3. Pers. wie in Z. 19, 47, 83. 96.
    3. Um auch die dritte Verwendungsweise zu nennen: Wenn es attributiv steht, heißt es „derselbe“ wie weiter unten in [16] τὴν αὐτὴν ἔχει δύναμιν „er/sie/es hat dieselbe Macht/ Bedeutung“.
    4. Und auch dies noch: Steht es in einem schiefen Kasus und prädikativ zum Personalpronomen, macht es das Personalpronomen reflexiv wie z.B. ζημιοῦτε ὑμᾶς αὐτούς „ihr schadet euch (selbst)“. In der dritten Person sind die beiden Formen ἕ und αὐτόν kontrahiert zu ἑαυτόν bzw, αὑτόν  und das ist in die anderen Kasus übergangen; Beispiel in Z. 28 πόλις αὐτὴ παρ᾽ αὑτῆς δίκην λήψεται: „Die Stadt selbst wird mit sich selbst im Streit liegen (bei sich selbst Prosess machen)“.
  2. Z. 18 δίκην λαμβάνειν ist in diesem Zusammenhang nicht mit dem üblichen „strafen/ zur Verantwortung ziehen“ zu übersetzen. Wir müssen also auf die Grundbedeutung zurückgehen. Die Stadt nimmt bei sich selbst Recht/Strafe/Prozess > prozssiert bei/mit sich selbst.

Nächster Termin:

Schon im letzten Protokoll habe ich den Freitag, 09.09., 17:00 Uhr vorgeschlagen, da wir am Sonntag, 11.09. bis Sonntag, 18.09. verreisen. Ich gehe davon aus, dass das auch für Ulf (und Caren, die ja nicht antworten konnte) ein guter Termin ist. Denn der dann nächste Sonntag-Termin kann ja erst der 25.09. sein. Und so fällt nur eine Woche aus. Aber bitte gebt Bescheid, wenn‘s so nicht passt.
Oder Ihr müsstet Euch während meiner Reise auf einen Termin ohne mich verständigen. Das fände ich doch auch mal gut!
Da fällt mir ein: Wir haben immer noch nicht die Telefonnummern ausgetauscht: Meine ist 05105 80570.

Vorbereitung:
Ich werde in den nächsten Tagen pDem10-15 und die Vokabeln dazu hochladen.
Zunächst habt Ihr mit  pDem1-10  genug zu tun.
 

 


 

[1] παρ᾽ ἓν erg. αἴτιον

[2] διά parallel zum voranstehenden παρά

[3] ἐν οἷς … ταῦτα lies: ταῦτα ἐν οἷς ...

[4] […] Diese Rede ist in einer Lang- und einer Grundfassung überliefert, evt. von Demosthenes überarbeitet,oder mit Ergänzungen von anderen.

[5] ἔχειν erg. πρόνοιαν

[6] ἐξεληλάκατε erg. τὴν παρρησίαν

[7] εἵτα „da, und so“

[8] ἕτοιμος λέγειν erg. εἰμί

[9] ὅτι kennzeichnet die folgende Antwort wie eine direkte Rede

[10] πραττόντων erg. ὑμῶν

[11] διέκειτο erg. τὰ πράγματα

[12] […] Diese längere, aber entbehrliche Passage ist auch stilistisch unbeholfen; Demosthenes?