e1.1 Ein Tanzlied aus dem 6. Jh.

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ποῦ μοι τὰ ῥόδα; ποὑ μοι τὰ ἴα; ποῦ μοι τὰ καλὰ σέλινα;
ταδὶ τὰ ῥόδα· ταδὶ τὰ ἴα· ταδὶ τὰ καλὰ σέλινα.

Wo mir die Rosen? Wo mir die Veilchen? Wo mir die schönen Selina?
Das da die Rosen; das da die Veilchen; das da die schönen Selina.

Besonderheiten im Schriftbild?

  1. Die Buchstaben haben wir in e0_Schreiben  kennen gelernt und sie werden in S01_Alphabet vorgestellt.
  2. Die Satzzeichen:
    1. Das Semikolon entspricht unserem Fragezeichen.
    2. Der Hochpunkt steht für unser Semikolon und übrigens auch den Doppelpunkt.
    3. Punkt und Komma haben die gleiche Bedeutung wie in unserer Schrift.
  3. Die Akzente:
    1. ποῦ: Der Zirkumflex steht auf langen Vokalen und Diphthongen; dort auf dem 2. Teil.
    2. σέλινα, ῥόδα: Der Akut steht in der Regel auf kurzen betonten Vokalen.
    3. τὰ: Auf der letzten Silbe eines Wortes innerhalb eines Satzes ersetzt der Gravis den Akut.
    4. μοι: Es gibt Wörter ohne Akzent. μοι ist ein Enklitikum, es lehnt sich an das vorhergehende Wort an und bildet mit ihm eine Klangeinheit.
    5. Mehr wird dazu in S04_Akzente und Enklitika vorgestellt und erst in e3 genauer betrachtet.
  4. Die Spiritūs „Hauchlaute“:
    stehen auf Vokal oder Diphthong im Wortanfang, sie zeigen, ob er gehaucht ausgesprochen wird oder nicht:
    1. ἴα „Veilchen“: Der Spiritus lenis (weich) bezeichnet den nicht angehauchten Anlaut.
    2. ἁρμονία „Harmonie“: Der Spiritus asper (rau) wirkt wie unser H-  ̶  oder wohl eher rau wie ch-.
    3. ῥόδα: Der Spiritus asper (rau) steht auch auf dem anlautenden Rho.
    4. Die Spiritūs stehen vor dem Akut oder Gravis und unter dem Zirkusflex, z.B. ὦ μέγα.
  5. Die Diphthonge:
    1. ου wird heute als langes ū gesprochen.
    2. οι wird o-i gesprochen; das klingt wie unser deutsches eu.
    3. Diphthonge tragen die Akzente und Spiritūs (s.o.) auf dem zweiten Vokal: ποῦ.
      Stehen die Akzente auf dem ersten von zwei aufeinanderfolgenden Vokalen, sind dies keine Diphthonge, sondern als zwei Silben getrennt zu sprechen: ἰῶτα
    4. Mehr dazu in S02_Diphthonge und Spiritūs.

Sonstiges:

  1. ποῦ; „Wo?“ im Griechischen beginnen Fragepronomina mit π… – wie die deutschen mit w...
  2. Alle Nomina (Substantive, Adjektive, Artikel usw.) enden im Nominativ und im Akkusativ Plural auf α.  
  3. τά „die“ Artikel im N./A.Pl. (Nominativ oder Akkusativ Plural), dem τ… entspricht das deutsche d…
  4. ταδί „die da, das da“ Demonstrativpronomen im N./A.Pl.n. (=Nominativ oder Akkusativ Plural neutrum)
  5. σέλινα „Sellerie (?)“, bei den Isthmischen u. Nemeischen Spielen im Siegerkranz verwendet, daher schön?

Das Neutrum der o-Deklination (Substantive und Adjektive)

- Der N.Sg.n. (Nominativ Singular neutrum) und der A.Sg.n. (Akkusativ Singular neutrum) sind immer gleich.
- Der N.Pl.n. (Nominativ Plural neutrum) und der A.Pl.n. enden immer auf -α.
- Der D.Sg. (Dativ Singular) endet immern auf -ι und sei es wie hier als ι subscriptum.
- Der G.Pl. (Genitiv Plural) endet immer auf -ων.
- Hier spreche ich die Paradigmata vor.
 

Ν.Sg.n.

τὸ     ῥόδον

die Rose

 

τὸ

καλὸν

ῥόδον

G.Sg.n.

τοῦ  ῥόδου

der Rose

 

τοῦ

καλοῦ

ῥόδου

D.Sg.n.

τῷ    ῥόδῳ

der Rose

 

τῷ

καλῷ

ῥόδῷ

A.Sg.n.

τὸ     ῥόδον

die Rose

 

τὸ

καλὸν

ῥόδον

N.Pl.n.

τὰ     ῥόδα

die Rosen

 

τὰ

καλὰ

ῥόδα

G.Pl n.

τῶν ῥόδων

der Rosen

 

τῶν

καλῶν

ῥόδων

D.Pl.n.

τοῖς ῥόδοις

der Rosen

 

τοῖς

καλοῖς

ῥόδοις

A.Pl.n.

τὰ     ῥόδα

die Rosen

 

τὰ

καλὰ

ῥόδα



Aufgaben:

  1. Lerne das kleine Tanzlied mit Hilfe der Audiodatei auswendig und schreibe es handschriftlich auf.
  2. Lerne das Paradigma τὸ ῥόδον auswendig (Audiodatei) und schreibe es handschriftlich auf.
  3. Wenn Du willst, zwei Videos zur Überlieferung des Tanzliedes.